Die Familie Rode

Die Familie Rode

Nach dem Tod der Brüder blieb den Langes das Nesthäkchen Emmy. Als 21‐Jährige heiratete sie am 28. September 1920 den damals 31‐jährigen Kaufmann Wilm Rode. Beide blieben zur Freude der Langes mit im Haus Am Kiekeberg wohnen. Vier Jahre nach der Hochzeit mit Wilm wird die Stiftungsgründerin Ingrid Rode am 22. Mai 1923 geboren, drei Jahre später erblickt ihr Bruder Werner am 10. Mai 1927 das Licht der Welt.

Die Basis der Stiftung: Kronkorken

Bereits 1913, im Alter von 24 Jahren, hatte Wilm Rode, der Vater von Ingrid Rode, die Deutsche Crown‐Cork Werke William Pratje übernommen, die 1908 gegründet worden war. Diese Kronkorken‐Firma begründet, neben dem Geschäft des Großvaters mit den Heringen, den Wohlstand der Familie.

35 Jahre, bis 1948, war Wilm Inhaber der Kronkorken‐Werke – und das sehr erfolgreich. Seine Firma war der Branchenführer – und beschäftigte 40 bis 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wilm Rode war unter anderem der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Kronkorken‐Fabrikanten.

Der 2. Weltkrieg hat sowohl bei ihm persönlich als auch in seinem Geschäft tiefe Spuren hinterlassen:

Das bittere Ende 1943

1943 wurde die Fabrik in der Wielandstraße komplett zerstört und alle Vorräte und Maschinen vernichtet, so beschreibt es Wilm Rode selbst. Aber: Es gibt auch einen Bescheid der Gauwirtschaftskammer Hamburg, Abteilung Industrie vom 13. August 1943, dass sich auf dem komplett zerstörten Gelände noch Maschinen und Materialien befinden, die geborgen werden müssen. Das AKE (Amt für kriegsgewichtigen Einsatz) wird gebeten, der Firma hierfür die erforderlichen Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen. Trotz dieses Verlustes blieb er nicht untätig: Er tat sich mit anderen zerstörten Fabrikanten zusammen, um den großen Bedarf an Flaschenverschlüssen weiterhin decken zu können:

Er nannte es Kriegsgemeinschaft.

Denn auch wenn in Hamburg alles zerstört war, so verfügte Wilm Rode doch vorrausschauend über weitere, laut seinen Aussagen „beträchtliche“ Vorräte, die er anderweitig ausgelagert und so gerettet hatte.

Diese stellte er nun in vollem Umfang der Kriegsgemeinschaft zur Verfügung. Gearbeitet wurde bei Paris und in Antwerpen in den dortigen Spezialfabriken.

Aber: Die Landung der Alliierten in Frankreich machte die weitere Produktion unmöglich. „Alle Vorräte gingen verloren“, so seine Aussage.

Dennoch: Wilm Rode gab nicht auf.

Unter unglaublichen Anstrengungen versuchte er in Bergedorf wieder eine Fabrik aufzubauen. Den Anfang machten ein Büro und Maschinen, beides zur  Mitbenutzung, die er für monatlich 1.000 Reichsmark mietete. Gemeinsam mit einem Meister und einem Facharbeiter als Mitarbeiter gelang es ihm, immerhin drei Maschinen fertigzustellen. Gleichzeitig versuchte er, sein altes Fabrikgrundstück in der Wielandstraße 35 wiederaufzubauen. Aber: Er bekam keine Genehmigung. Seine Alternative 1948: Eine Fabrik in Niendorf.
Im März 48 bezahlte er, noch in Reichsmark, die erste Rate an den Architekten, zehn Tage nach der Währungsreform (20. Juni 1948) erhielt er dann die Baugenehmigung. Doch leider: Sein letztes Betriebskapital von 230.000 Reichsmark wurde durch die Währungsreform komplett entwertet. Sein Traum von der Fabrik in Niendorf zerplatze.

Bedrohte Existenz

Um seinen Lebensunterhalt zu sichern, traf er ein Abkommen mit einer anderen Fabrik aus der Branche – als erste Basis für die nahe Zukunft. Größere Hoffnung hatte er aber an den Lastenausgleich und an das Finanzamt. Unter anderem ging es auch um ein Depot in Berlin in Höhe von 500.000,‐ Reichsmark.

Ob er einen Ausgleich für seine Verluste bekam, ist unbekannt. Das Schriftstück enthält darüber keine Angaben. Es diente auch lediglich dem Zweck und der Bitte, dass er zumindest sein Arbeitszimmer behalten durfte, um sich nach dem Krieg wieder eine Existenz aufzubauen.
Sowohl die Gauwirtschaftskammer als auch später die Handelskammer haben das beim Wohnungsamt befürwortet. Das Wohnungsamt hat dies anerkannt.

Zu dem Zeitpunkt, als Wilm Rode die Erlebnisse aus der Zeit des Krieges und kurz danach niederschrieb, war er schon sehr krank. Der Tod seines einzigen Sohnes hatte im komplett zusammenbrechen lassen, zudem litt er an perniziöser Anämie – einer durch B12‐Mangel hervorgerufenen Blutarmut.

Am frühen Tod seines geliebten Sohnes Werner zerbrach Wilm Rode

Ingrid Rodes Vater Wilm schreibt nach dem Krieg, etwa 1948/49:

 „Das schlimmste und größte Opfer, das ich bringen musste, war der Tod meines einzigen Sohnes, der mit 17 Jahren kurz vor Kriegsende eingezogen wurde.

Während Hamburg kapitulierte, wurden die Jungs in Wandsbek in Güterzüge nach Rendsburg verladen.

Da diese Transporte nicht mehr gesichert waren, wurden sie von feindlichen Fliegern mit Bordkanonen zusammengeschossen.“

Das Erbe der Frauen

Mit dem frühen Tod des Vaters 1949 bleiben von der Lange‐Rode‐Familie noch drei Frauen, um das Vermächtnis der Kaufleute Lange und Rode zu bewahren: Großmutter Frida, Mutter Emmy und Ingrid Rode. Mit der Eintragung ins Handelsregister vom 26. März 1954 ist das Thema Deutsche Crown Cork‐Werke endgültig Geschichte. Emilie Rode lässt die Firma als erloschen eintragen.

Der Name allerdings wird 1966 wiederbelebt:

Der größte US‐Kronkorken‐Hersteller Crown Cork & Seal Company aus Philadelphia gründet eine deutsche Tochtergesellschaft, gemeinsam mit den in Frankfurt ansässigen Kronkorken‐Produzenten Bender Werke.

Das ergibt sich aus Zeitschriftenausschnitten, die Ingrid Rode ebenfalls gesammelt hat.

Exkurs

Von Zschelletzschky über Rohde zu Rode

Ingrids Vater Wilm hatte es mit dem Namen: Er wurde als Werner Conrad Wilhelm Zschelletzschky geboren. Sein Vater war der Kaufmann Ernst Bruno Zschelletzschky. Seine Mutter Blanca (offiziell Adolphine Pauline Blanca) war eine geborene Rohde (mit h).

Am 24. August 1920 wird in der Geburtsurkunde eingetragen, dass er ab dem 25. August 1920 den Familiennamen Rode (ohne h) führen wird. Auch zu seinem Vornamen hatte er wohl klare Vorstellungen: Alle nannten ihn Wilm, nach seinem dritten Vornamen Wilhelm.

Die Geschichte des Kronkorkens

Wikipedia:

Der Kronkorken wurde von dem Erfinder William Painter (1838–1906) aus Baltimore 1892 zum Patent angemeldet. Er nannte seine Erfindung „Crown Cork“ – Kronkorken.[1]

Der Kronkorken wurde in den USA zunächst bei Bierflaschen eingesetzt und löste den Bügelverschluss größtenteils ab, da er in der Herstellung deutlich günstiger und der Verschließungsprozess wesentlich schneller ist. Durch den Erfolg dieses Produktes gründete Painter bereits im April 1893 die Firma Crown Cork and Seal Company, die heutzutage keine Kronkorken mehr herstellt.

In Deutschland werden Kronkorken derzeit (Stand 2017) von der Delmenhorster Kork-Fabrik (Randzeichen DKF), der Rauh GmbH & Co. Blechwarenfabrikations-KG in Küps (Randzeichen RRK), der Helmut Brüninghaus GmbH & Co. KG in Versmold (Randzeichen HB) und der Blechwarenfabrik Limburg GmbH (Randzeichen BL) hergestellt.