Wer war Ingrid Rode

Wer war Ingrid Rode?

Kindheit und Jugend

Ingrid und ihr Bruder Werner wachsen unbeschwert in Blankenese auf – meist betreut von Großmutter Frida Lange. An ihrer Seite der geliebte Hund Luxi – und die Hühner und Hasen im Garten.
Ihre Sommer verbringt Ingrid ab etwa zehn Jahren im Kinderheim in St. Peter Ording.
Ab 1928 besucht sie die Grundschule am Steilen Weg, dann die Gorch‐Fock‐Schule. Später dann das Berta‐Lyzeum in Othmarschen. Sie ist eine gute und fleißige Schülerin, die zudem sehr gut in Sport war.

In einem Schulaufsatz ...

... schreibt die damals 14‐Jährige über ihre Großeltern, ihre Beziehung zu ihnen und über ihr (Groß)Elternhaus Am Kiekeberg:

„Beide (Oma und Opa) wünschten sich ein Gartenhaus außerhalb Hamburgs, daher kauften sie sich 1895 das Grundstück in Blankenese. So entstand mein Eltern‐ und Großelternhaus.

Sie habe das Haus nach Harburg‐Vorbild gebaut. Blankenese war damals wenig bebaut. Es gab sehr viele idyllische Fischerhäuschen, große Gärten – und Parks ohne Zäune.

Hamburger wurden als Fremdlinge behandelt! Was sich beim Einkauf von Lebensmitteln bemerkbar machte: „An Hamburger verkaufen wir nicht!“.

Auch die Annehmlichkeiten der Großstadt, wie Strom und Licht, entbehren meine Großeltern dort. Stattdessen wieder Petroleumlampen! Sie mussten Manches in Kauf nehmen, mein Großvater war aber sehr vom Geschäft beansprucht.
Er (ihr Großvater) erlebte nicht die Inflationszeit, die ihm die Früchte seines Erfolges nahm. Als ich 1923 geboren wurde, nur 4,5 Pfund schwer, übernahm meine Großmutter meine Pflege und päppelte mich auf. Meine Großmutter war der Inbegriff einer Mutter, wir lebten in inniger Gemeinschaft, das galt auch für meine Bruder, der vier Jahre nach mir geboren wurde. Mein Großelternhaus ist für mich daher im wahrsten Sinne mein Elternhaus.“

Kriegszeiten

Am 1. September 1939 beginnt der 2. Weltkrieg.

Eine einschneidende Zeit auch für Ingrid Rode. Gleich im Dezember muss die jetzt 17‐Jährige zum Reichsluftschutzbund, um an einem Luftschutz‐Lehrgang teilzunehmen. Die dafür nötigen vier Doppelstunden erbringt sie kurz vor Weihnachten, am 21. und 22. Dezember 1939 – wie man der Bescheinigung vom 6. Januar 1940 entnehmen kann.

Am 22.2.1941, kurz vor ihrem 19. Geburtstag muss sie zur Musterung, weil sie einen vorläufigen Bescheid zum Reichsarbeitsdienst bekommt.

Ihr Einsatz startet am 28.3.1941 in Szugken in Ostpreußen, 2 Stunden mit der Bahn von Tilsit entfernt.

Am 31. März 1941 bekommt sie die Arbeitsmaid Rode entsprechende Bekleidungs‐ und Ausrüstungsstücke ausgehändigt, fein säuberlich in einem Verzeichnis dokumentiert. Die Kleidung ist ihr viel zu groß, schäbig und fleckig, die Schuhe unbequem und drückend.

Aus dem geplanten halben Jahr wird ein ganzes:

Vom 1. Oktober 1941 bis zum 30. März 1942 muss sie zum weiteren Arbeitsdienst als Kriegshilfsdienstpflichtige ins Reserve‐Lazarett Tilsit. Auch aus der Heimreise zu Weihnachten wird nichts. Erst vom 6. bis 12. Januar 1942, darf sie kurz Urlaub machen – wie der Urlaubsschein belegt.

Dann endlich ist für sie der Spuk vorbei: Am 1. April 1942 hat sie sich wieder in HH Blankenese am Kiekeberg bei den polizeilichen Meldebehörden registrieren lassen. Im Führungszeugnis wird ihr eine sehr gute Führung und eine gute Leistung bescheinigt.
Also insgesamt fast ein Jahr, statt dem erwarteten halben Jahr. Diese Zeit und ihre Erlebnisse sind in ihren Briefen gut dokumentiert – mit zunehmender Verzweiflung.

Aufgrund ihres guten Abgangszeugnisses von der Oberschule Großflottbek hat Ingrid Rode dann vom April 1942 bis März 1943 den Jahreskursus des Commercial College, die Fremdsprachenabteilung der höheren Handelsschule am Dammtor besucht. Neben Englisch und Französisch hat sie dort auch deutsche und englische Kurzschrift, Maschinenschreiben und Kaufmännische Betriebslehre gelernt. Das Zeugnis bescheinigt ihr durchweg gute bis sehr gute Leistungen in den einzelnen Fächern. Diese Ausbildung ebnet ihr den Weg in ein kurzes Arbeitsleben nach dem Krieg.
Doch so lange der Krieg andauert, ist sie weiter gefordert: Von März 1943 bis zum April 1945 ist sie in einer militärischen Dienststelle im Kriegseinsatz.

Kriegszeiten in Blankenese

Am 3. März 1943 fielen hunderte von Phosphor‐Stabbrandbomben auf Blankenese.
Auch das Elternhaus von Ingrid Rode am Kiekeberg 14 wurde bei den Bombardierungen nicht verschont. Aber die Familie hatte Glück im Unglück: Die Familie konnte das Haus retten, weil sie die Brandbomben mit nassen Feuerpatschen bekämpften und aus dem Haus schafften. So fielen auf den Dachboden der Villa Rode drei Brandbomben.

Auf Weisung des Luftschutzwartes war der Boden kurz zuvor entrümpelt worden. So waren die Brandbomben gut zugänglich und konnten noch während des Bombenangriffs mit Schaufeln in den Garten geworfen werden. Dort lagen, teilweise sprühend, noch weitere 15 Brandbomben.

Blankenese wurde mit hunderten Phosphor‐Stabbrandbomben bombardiert

Die im Haus bereits ausgelaufene Kautschukmasse mit der selbstentzündenden Phosphorbeimischung musste die ganze Nacht hindurch nass gehalten werden. Am nächsten Tag wurden die klebenden Brandmittelfladen vom Feuerwehrentgiftungsdienst beseitigt.

Nach dem Krieg

Nach dem Krieg hat Ingrid Rode ihre Sprachkenntnisse in einem Dolmetscher‐Lehrgang weiter ausgebaut, den sie vom 9.9. 1947 bis 31.3.1948 an der Sprachschule Lodovico besucht hat. Diese Ausbildungen und vor allem ihre dabei erworbenen Englisch und Kurzschriftkenntnisse legten den Grundstein für ihre verschiedenen Angestelltenverhältnisse nach dem Krieg:

Vom Mai 1954 bis Juni 1948 unterstützte sie ihren Vater in dessen Firma Deutsche Crown Cork Werke. Vom Juli 1948 bis zum Juli 1952 arbeitet sie anschließend bei vier Firmen, unter anderem auch bei Siemens und einem Schiffsmakler. Danach widmete sich Ingrid Rode der Verwaltung der Wohnungen, die ihre Mutter und später sie selbst erworben hat – und deren Mieteinnahmen dem Stiftungskapital dienen.

Der frühe Tod ihres geliebten Bruders

Ihr geliebter Bruder Werner Wilm Carl Rode wurde am 10. Mai 1927, fünf Jahre nach Ingrid, geboren. Getauft wurde er am 12.11.1927, konfirmiert am 21. März 1943. Passend zu den Kriegszeiten war sein Denkspruch: Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.(1. Joh. 5,4) und
„Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben“ (Offenbar. Johannis 2, 10.)

Heute lesen sich diese Zeilen geradezu wie eine Prophezeiung: In den letzten Stunden des Krieges, stirbt ihr Bruder am 26.4.1945 im Lazarett Rendsburg in Folge seiner Verwundung. Die offizielle Todesbescheinigung vom 7. März 1946 spricht von einem großen Splitter im linken Oberschenkel – er wurde bei einen Tieffliegerangriff auf einen Zug zwischen Rendsburg und Nortorf verletzt.